Es ist der 06. Januar 2007. An diesem Tag ruft eine Gruppe Jugendlicher einen eigenen Verein ins Leben, dem sie den Namen Bon Courage – zu deutsch „Nur Mut!“ – geben. Mut ist es, den diese jungen Menschen brauchen und den sie auch in sich tragen. Denn immerhin stellt die Vereinsgründung vor allem eine Reaktion auf die rechte Hegemonie in ihrem Heimatort Borna dar.
So vergeht kaum eine Woche, in der es nicht zu rechten Gewalttaten und Propagandadelikten kommt. Die örtlichen Neonazis sind zudem gut vernetzt, zum damaligen Zeitpunkt vor allem über das so genannte „Freie Netz“, bei dem es sich um eine Netzwerk regionaler Neonazikameradschaften handelt, zu denen auch ein Bornaer Ableger gehört. Unterstützung erhalten besagte Neonazis zudem vom Verein „Gedächtnisstätte“, der ein Sammelbecken für Geschichtsrevisionist*innen und Holocaustleugner*innen darstellt und im Besitz einer größeren Immobilie in Borna ist, die u.a. für die Durchführung rechter Veranstaltungen genutzt wird. Angesichts dieser unhaltbaren Zustände ist es das Ziel der Jugendlichen, mit Hilfe ihres Vereins eine Plattform zu schaffen, um die Bevölkerung wie auch die Lokalpolitik für die Aktivitäten und die damit verbundene Gefahr von Rechts zu sensibilisieren und Gegenstrategien zu entwickeln. Da die Jugendlichen größtenteils noch sehr jung sind und keine Erfahrungen hinsichtlich einer Vereinsgründung besitzen, gestaltet sich ihr motiviertes Engagement als ein von vielen Erfahrungen geprägter Prozess des learning by doing.
All diese Ereignisse liegen nun 15 Jahre zurück. In dieser Zeit sind aus den Jugendlichen Erwachsene geworden, die besagten Lern- und Erfahrungsprozess – trotz zahlreicher Widrigkeiten und Widerstände – nie gescheut und auch ihren Mut nicht verloren haben, gesellschaftliche und politische Missstände aufzuzeigen und sich gegen diese aktiv zu engagieren.
Vor dem Hintergrund der einleitend geschilderten Probleme kristallisierte sich vor allem in der Anfangszeit des Bon Courage e.V. antifaschistische Bildungs- und Aufklärungsarbeit als wichtiges Betätigungsfeld heraus. Erinnert sei hierbei an die drei im Jahre 2007 stattgefundenen Aktionstage, die unter dem Motto „Faschismus – gestern, heute, niemals wieder!“ standen. Seit 2008 organisiert Bon Courage e.V. zudem jährlich stattfindende Gedenkstättenfahrten, um sich in Osteuropa auf die Spuren nationalsozialistischer Verbrechen zu begeben. Darüber hinaus wurden unter dem Motto „Aus Geschichte lernen“ mehrfach Weiterbildungen für Wissensmultiplikator*innen organisiert, die u.a. in den Gedenkstätten Bernburg, Buchenwald, Ehrenhain-Zeithain oder im Erinnerungsort Topf und Söhne in Erfurt stattfanden.
Als zweites Aktionsfeld bildete sich schon bald das Ziel heraus, das kulturelle Angebot für Jugendliche in Borna mit Hilfe eigener Veranstaltungen zu erweitern. Umgesetzt wurde dieses Vorhaben u.a. durch die Organisation der „Flimmerstunde“, bei der Dokumentar- und Spielfilme gezeigt wurden, an die sich eine Diskussionsrunde angeschlossen hat. Zu nennen sind aber auch ganztägige Workshops zu politischen und geschichtlichen Themen oder das kleine Kulturfestival „KrimsKrams“, bei dem politische Bildung mit musikalischen und sportlichen Aktivitäten kombiniert wurde.
Nachdem Bon Courage e.V. bereits 2009 damit begonnen hatte, sich mit den Themenkomplex Flucht und Asyl auseinanderzusetzen – und damit nebenbei gesagt eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet eingenommen hat –, entwickelte sich das damit verbundene Engagement zur Unterstützung von Asylsuchenden im Laufe der Zeit zum Hauptbetätigungsfeld des Vereins. Neben dem gemeinsamen Volleyballspielen mit Migrant:innen, dem Entstehen der internationalen Frauengruppe Ladykracher oder der Kritik am Gutscheinsystem ist es vor allem das Beratungsangebot für Geflüchtete, das die heutige Vereinsarbeit intensiv prägt. Gerade diese humanistische Solidarisierung mit Menschen anderer Herkunft ist es, für die Bon Courage e.V. immer wieder angefeindet wird. Seitdem der Verein seit 2016 endlich ein eigenes Büro beziehen konnte, ist dieses mehrfach das Ziel von Angriffen geworden. Der schlimmste seiner Art ereignete sich im Mai 2016, als mehrere Scheiben mit Hilfe großer Steine eingeworfen wurden und anschließend Buttersäure in den Büroräumlichkeiten verteilt worden ist. Um die Vereinsarbeit ununterbrochen fortzusetzen, wurden die Beratungen daraufhin am nächsten Tag einfach ins Freie verlegt. Zudem sollte damit den Angreifer:innen unmissverständlich signalisiert werden, dass sie vielleicht die Scheiben des Büros zerstören, aber nicht den Willen des Vereins brechen können.
Die Widerstände, mit denen sich Bon Courage e.V. in all den Jahren konfrontiert gesehen hat, waren allerdings nicht nur gewalttätiger, sondern auch finanzieller Natur. Als beispielsweise Ende 2020 bekannt wurde, dass die Fortsetzung der Projektförderung abgelehnt wurde, waren damit nicht nur die Finanzierung der Büromiete, sondern auch die der beiden Stellen in Gefahr, die für die Beratung der Geflüchteten zuständig sind.
In all diesen schwierigen Problemlagen – seien es nun rechte Angriffe oder finanzielle Schwierigkeiten – wurde Bon Courage e.V. stets der Rücken durch eine überwältigende Solidarität sowie durch eine hohe Spendenbereitschaft gestärkt.
Diese Unterstützung, eure Unterstützung ist es, die Bon Courage e.V., die uns zeigt, dass wir trotz der schwierigen politischen und gesellschaftlichen Situation keine Einzelkämpfer*innen sind, sondern dass es da draußen Menschen wie euch gibt, die unsere Vereinsarbeit wertschätzen und uns darin bestärken, auch weiterhin couragiert für eine bessere, eine gerechte und menschenwürdige Welt einzutreten. Dafür möchten wir uns recht herzlich bei euch bedanken!
Dann auf die nächsten 15 Jahre!