Rassistische Anfeindungen und Übergriffe im Landkreis Leipzig
Diese Chronik basiert auf den Schilderungen von Opfern, Informationen der Opferberatung der RAA Sachsen sowie auf Hinweisen aus Gesprächen des Mobilen Beratungsteams für den Regierungsbezirk Leipzig des Kulturbüro Sachsen e.V. mit Vertreter*innen der Jugendarbeit für Borna bzw. den Landkreis Leipziger Land und Pressemitteilungen. Die Chronik beginnt im Jahr 2005 und endet im Jahr 2014. Die folgenden Abhandlungen sind mehr als Dokumentation einer vergangenen Zeit zu betrachten: Die Artikel sind ein historisches Zeugnis und sollen vergangene rechtsmotivierte Taten nicht unvergessen lassen. Alle Ereignisse sind eng mit der Geschichte des Vereins verwoben.
Wer sich für aktuelle sowie vergangene Ereignisse seit 2014 interesssiert, findet diese gut dokumentiert auf der Webseite von Chronik.LE. Dort können auch rassistische und diskriminierende Vorfälle gemeldet werden.
Allgemeine Feststellungen
Seit 2004 beobachtete die Streetworkerin der Stadt Borna eine Neustrukturierung der rechtsextremen Szene in Form von Kameradschaften im Ort. Nach ihrer Darstellung existierten in Borna im Jahr 2005 mindestens eine, möglicherweise sogar zwei rechtsextreme Kameradschaften. Zunächst ging es um eine gewaltfreie Organisationsarbeit durch Kader, die nach der Verbüßung von Haftstrafen wieder auf freiem Fuß sind. Der rechtsextremen Szene zuzuordnende Jugendliche sammelten sich u. a. im „Freitagsklub“, einem Sportverein, und dem Jugendklub „Nightfever“ in Wyhratal. Letztgenannter Jugendklub ist selbstverwaltet, befindet sich in privaten Räumen und wird sowohl von Mitarbeiter*innen der Jugendarbeit im Landkreis als auch von einigen Stadträten als rechtsextremer Klub bewertet. Ende 2006 trat der Klub aus dem Kreisjugendring e.V. aus. Seit Ende 2005 kam es dann wiederholt zu gezielten Übergriffen auf vor allem alternative, nichtrechte Jugendliche, jedoch auch deren Eltern, die zum Teil mit schweren Körperverletzungen endeten (mehr dazu in der anschließenden Chronologie). Neben den körperlichen und seelischen Verletzungen führt diese Strategie rechtsextremer Kräfte zu einer Gefährdung des öffentlichen Raumes sowie zur Entstehung von „No-Go-Areas“, da durch die Präsenz rechtsextremer Jugendlicher bestimmte Räume durch die Bürger*innen der Stadt Borna gemieden werden oder nur noch eingeschränkt genutzt werden. Die damit einhergehende Verdrängung der Opfer und der potentiellen Opfer aus dem öffentlichen Leben der Stadt sind ein Stück weit Normalität geworden. Sowohl eine Mahnwache am 13. Februar 2007 anlässlich der Bombardierung Dresdens im Jahr 1945 als auch die Ereignisse am 24. März 2007 bei der Eröffnung des Domizils des Vereins Gedächtnisstätte e.V. verdeutlichen ein hohes Mobilisierungspotential der rechtsextremen Szene in Borna. An der Mahnwache nahmen circa 80 Mitglieder und Sympathisant*innen der rechtsextremen Szene teil, am 24. März trafen sich etwa 45 Personen im Umfeld des Domizils des Vereins Gedächtnisstätte e.V. Außerdem ist festzuhalten, dass die Szene sehr mobil ist. Es gibt Kontakte nach Thüringen, Sachsen-Anhalt, in den Muldentalkreis sowie in die Landkreise Döbeln und Mittweida. Neben diesen Strukturen ist seit Dezember 2005 der äußerst umstrittene Verein Gedächtnisstätte e.V. mit einer lukrativen Immobilie in der Röthaer Str. 22-24 in Borna ansässig. Der Verein unterhält nach Beobachtungen von Bornaer Bürger*innen enge Kontakte zu Personen aus der örtlichen rechtsextremen Szene. Dafür spricht auch die Zusammenrottung der bereits erwähnten 45 Personen auf dem Parkplatz Apfelwiese, die dem Anschein nach etwaige Protestveranstaltungen unterbinden wollten und an jenem Tag durch das Wohngebiet unweit der Immobilie patrouillierten. In der Übersicht der Opferberatungsstellen nimmt das Leipziger Land mittlerweile eine herausragende Rolle ein. Das Leipziger Land gehört in den neuen Bundesländern zu den Regionen mit den meisten rechtsextrem und rassistisch motivierten Gewalttaten. Die Regelmäßigkeit und zunehmende Brutalität die diesen Angriffen zugrunde liegen, lässt sich der folgenden Chronologie entnehmen.
Chronologie von Ereignissen und Straftaten im Zusammenhang mit Täter*innen bzw. Tatverdächtigen aus dem rechtsextremen Spektrum in Borna und Umgebung
23. und 24. September 2005: Angriff im Park am Breiten Teich auf alternative Jugendliche
- circa 15 bis 20 mit Schlagstöcken und Ketten bewaffnete Personen aus dem rechtsextremen Spektrum griffen Jugendliche im Stadtpark, am unteren Eingang des Volksplatzes an
- Fahrräder, Kleidung und Rucksäcke wurden zerstört und in den Teich geworfen
- auf wehrlose, teilweise am Boden liegende Personen wurde eingetreten und eingeschlagen
- nach Personen, die in den angrenzenden Park flüchten konnten, wurde mit Hunden und Taschenlampen gesucht
- ebenfalls angegriffen wurde das Fahrzeug eines besorgten Vaters, der seine Tochter aus dem Gefahrenbereich abholen wollte
- die überfallenen traumatisierten Jugendlichen erlitten teils schwere Verletzungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten
- Anzeige wurde erstattet
- der Vorfall wurde gerichtlich verhandelt
- vier von acht Angeklagten, zwischen 18 und 21 Jahren alt, wurden wegen gefährlicher Körperverletzung zu Bewährungsstrafen zwischen sechs Monaten und einem Jahr und drei Monaten verurteilt, außerdem erhielten sie Auflagen
- die anderen vier Angeklagten wurden freigesprochen
- die Angeklagten waren zum Teil wegen Diebstahl, Sachbeschädigung und gefährlicher Körperverletzung vorbestraft
- bei der Verhandlung kam es zu einem tätlichen Angriff auf den Freund eines Opfers
- die Anwesenheit von Freunden der Täter, die dem äußeren Anschein nach zum rechtsextremen Spektrum zählen, und deren geschlossenes Auftreten wirkten auf die Opfer und Zeugen einschüchternd
09. Dezember 2005: Angriff auf eine Geburtstagsfeier links-alternativer Jugendlicher in der Stadtkirche durch mehrere Personen aus dem rechtsextremen Spektrum
- ein erster Angriffsversuch von drei rechtsradikalen Personen wurde durch das Auftauchen der Polizei verhindert – die Personen konnten sich in ein bereit stehendes Fahrzeug flüchten
- die Polizei, die davon nichts mitbekommen hatte, entfernte sich wieder
- danach versammelten sich Rechte, mit Ketten und Knüppeln bewaffnet, vor ihrer in der Nähe liegenden Stammkneipe und griffen kurz darauf die Geburtstagsfeier erneut an
- alle Jugendlichen konnten sich in die Kirche retten; die Angreifer warfen die Fensterscheiben der Kirche mit Bierflaschen und Steinen ein
- die daraufhin erneut verständigte Polizei traf mit zwei Beamten wieder ein
- die Angreifer verblieben in unmittelbarer Nähe, einer von ihnen versuchte im Beisein der Polizei mit seinem Schlagstock einen Jugendlichen anzugreifen, worauf die Polizei einen Platzverweis erteilte
- Beweisfotos, die die Angegriffenen während der Tat von den Angreifern machten, mussten auf Verlangen der Polizei gelöscht werden
- einer der Angreifer äußerte, dass er nicht wolle, dass „linke Zecken in Borna feiern“
- Anzeige wurde erstattet
- die Staatsanwaltschaft sah den Tatbestand der Bedrohung als nicht als erwiesen an
- es laufen Ermittlungen wegen Sachbeschädigung
13. Dezember 2005: Übergriff auf einen Jugendlichen der links-alternativen Szene
- dieser wurde von Personen aus der rechtsextremen Szene vom Fahrrad gezogen, mit dem Kopf gegen eine Straßenlaterne gestoßen und gezwungen, bei einem Bekannten, der ebenfalls der links-alternativen Szene zuzuordnen ist, zu klingeln
- dem Bekannten gelang es, den Jugendlichen in seiner Wohnung in Sicherheit zu bringen
- die Rechten verblieben zunächst am Ort, klingelten mehrmals und verlangten die Herausgabe der Fotos vom 09. Dezember 2005
- die Betroffenen erstatteten keine Anzeige
17. Dezember 2005: Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung im Eingangsbereich eines Mietshauses, in dem junge Menschen aus der alternativen Szene wohnen
- Hintergrund für die Taten sind die am 9. Dezember 2005 gemachten Fotos, welche die damaligen Täter in ihren Besitz bringen wollten
- Anzeige wurde erstattet
- das Verfahren ist eingestellt worden
18. Mai 2006: Bedrohung eines linksalternativen Jugendlichen im Kaufhaus
- nachdem dieser der Aufforderung, sein Getränk und seine Zigaretten herauszugeben nicht nachkam, bekam er einen Schlag auf den Kopf, und die geforderten Sachen wurden ihm gewaltsam abgenommen
- anwesende Passanten griffen nicht ein
- Anzeige wurde erstattet
25. Mai 2006: Überfall auf alternative Jugendliche am Rondell in der Teichstraße
- Angriff durch teilweise vermummte, nach Wahrnehmungen der Jugendlichen dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnenden Personen
- zwei Opfer erlitten Verletzungen
- eines der Opfer war ohnmächtig geschlagen wurden und wurde mit Prellungen im Gesicht und Hämatomen am ganzen Körper in die Helios-Klinik eingeliefert
- Anzeige wurde erstattet
24. Juni 2006: Überfall auf zwei links-alternative Jugendliche während eines Konzerts
- brutaler Angriff von fünf teils vermummten, dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnenden Personen
- die Opfer erlitten Hämatome und Platzwunden am Kopf
- aus Angst vor angekündigten Konsequenzen wurde keine Anzeige erstattet
14. August 2006: Störung des Parkfestes in Kahnsdorf / Überfall auf eine Geburtstagsfeier in Lobstädt
- Personen aus der rechtsextremen Szene störten das Parkfest in Kahnsdorf
- danach griffen mehrere dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnende Personen die Gäste einer Geburtstagsfeier in Lobstädt an
- sie schlugen unter anderem mit Baseballschlägern und einem mit Nägeln präparierten Besenstil auf die Opfer ein
- mehrere Personen, darunter einer der Angreifenden, wurden verletzt und im Krankenhaus behandelt, einer von ihnen stationär aufgenommen
- Anzeige wurde erstattet
09. September 2006: Sachbeschädigung an einem Auto
- durch einen oder mehrere bislang unbekannte Täter wurden in der Wilhelm-Külz-Straße in Borna die Heck- und Frontscheibe des geparkten Autos eines Linksalternativen eingeschlagen
- Anzeige wurde erstattet
22. September 2006: Entführung mit Körperverletzung / Sachbeschädigung
- ein 15-jähriger Jugendlicher wurde von Personen aus dem rechtsextremen Spektrum aus einem Bandproberaum entführt, mit dem Auto zum Volksplatz verschleppt und dort zusammengeschlagen
- er musste stationär in der Helios-Klinik behandelt werden
- parallel dazu wurde in den Proberaum eingebrochen und Ausstattung sowie Technik entwendet
- beide Vorfälle ereigneten sich innerhalb nur einer halben Stunde
- durch das schnelle Eingreifen der Polizei konnten einer der Täter noch vor Ort ermittelt werden und im Nachgang die gestohlenen Sachen sichergestellt werden
- Anzeige wurde erstattet
06. Oktober 2006: Angriff auf einen Jugendlichen
- im Zug von Neukieritzsch nach Lobstädt wurde ein Jugendlicher angegriffen
- unter anderem wurde ihm eine Jägermeisterflasche ins Gesicht geschleudert, es wurden ihm die Finger gebrochen
- Anzeige wurde aus Angst vor angekündigten Konsequenzen durch die dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnenden Personen nicht erstattet
06. Oktober 2006: Anfeindungen von rechten Cliquen auf dem Spielplatz-Treff Kesselhain
- Jugendliche (14 und 15 Jahre alt) wurden vom Spielplatz gescheucht
- die hinzugerufene Polizei forderte zu Aufräumarbeiten auf
- der eigentliche Anlass, zu dem die Polizei gerufen wurde, also Einfluss der Rechten auf die Jüngeren, spielte offensichtlich keine Rolle
12. November 2006: Angriff auf einen Jugendlichen
- ein Jugendlicher wurde auf dem Heimweg von zwei Personen aus dem rechtsextremen Spektrum bedroht
- diese versetzten ihm einen Fausthieb und fragten ihn über Treffpunkte und Aufenthaltsorte linksalternativer Jugendlicher in Borna aus
- Anzeige wurde nicht erstattet
18. November 2006: Bedrohung von Jugendlichen
- 15 Personen aus dem rechtsextremen Spektrum störten fünf Jugendliche an der Half Pipe in Borna-Nord
- die fünf Jugendlichen konnten fliehen
- die von den Jugendlichen verständigte Polizei kontrollierte die Opfer zunächst auf Drogen
26. November 2006: Überfall auf einen Jugendlichen
- ein Jugendlicher wurde auf dem Heimweg in Neukieritzsch von dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnenden Personen zusammengeschlagen
- der Jugendliche erlitt schwere Kopfverletzungen und Hämatome
- er wurde mit Verdacht auf Hirnblutungen in die Helios-Klinik eingeliefert und wurde dort zwei Tage stationär behandelt
- Anzeige wurde erstattet
01. Januar 2007: Rassistische Beleidigungen und Körperverletzung gegen Mitbürgerin
- in der Nacht zum 01. Januar 2007 randalierte eine Gruppe von circa 10 Jugendlichen in der Nähe einer Gaststätte in Neukieritzsch
- in der Folge stimmten die Jugendlichen gemeinsam, lautstark beleidigende und rassistische Parolen gegen sie an
- die Eskalation mündete in einer Körperverletzung gegen eine Frau, ausgehend von zwei Personen, die aus der Gruppe heraus agierten
- Anzeige wurde erstattet
13. März 2007: Angriff im Amtsgericht Borna
- während der Verhandlungspause am Amtsgericht Borna – angeklagt und verurteilt wurden Gewalttäter aus dem rechtsextremen Spektrum – wurde ein Bekannter der Zeugen mit einem Schlag ins Gesicht angegriffen
- der Täter lässt sich dem Bekanntenkreis der Angeklagten zuordnen
- der Betroffene erstattete keine Anzeige
24. März 2007: Teilnehmer*innen an Mahnwache bedroht und angegriffen
- Teilnehmer*innen an der Mahnwache anlässlich der Eröffnung der Gedenkstätte in der Röthaer Straße wurden von circa 50 teilweise vermummten Personen der rechtsextremen Szene bedroht
- eine Teilnehmerin erlitt einen körperlichen Angriff
- die Mahnwache erhielt von der Polizei einen Platzverweis, weil deren Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnte
- Anzeige wurde erstattet
07. April 2007: Vater im Beisein seiner Kinder brutal zusammengeschlagen
- ein Vater wurde im Beisein seiner Kinder in der Bahn von Borna nach Neukieritzsch von insgesamt circa 6 Personen über die ganze Fahrtdauer hinweg brutal zusammengeschlagen
- Auslöser war seine ausländische Herkunft
07. April 2007: Sachbeschädigung Asia Imbiss
- in der Nacht zum 07. April 2007 richteten mehrere junge Männer ihre Aggressionen gegen einen Asia Imbiss in Borna
- Anzeige wurde erstattet
07. und 08. Juli 2007: Sachbeschädigung an einem Gebäude, in dem sich links-alternative Jugendliche treffen
- in der Nacht zum 08. Juli 2007 schlugen Unbekannte Fensterscheiben in Büroräumen, die von links-alternativen Jugendlichen genutzt werden, in der Wilhelm-Külz-Straße ein
- Anzeige wurde erstattet
14. und 15. Juli 2007: Wiederholte Sachbeschädigung an einem Gebäude, in dem sich alternative Jugendliche treffen
- in der Nacht zum 15. Juli 2007 schlugen Unbekannte die Fensterscheiben, die den Angriff vom 07. zum 08. Juli 2007 überstanden hatten, ein
- Anzeige wurde erstattet
31. August und 01. September 2007: Sachbeschädigung an einem Gemüseladen
- in der Nacht zum 01. September 2007 richteten Unbekannte ihre Aggressionen gegen den Laden eines ausländischen Gemüsehändlers in der Wilhelm-Külz-Straße und warfen die Schaufensterscheibe ein
- Anzeige wurde erstattet
14. September 2007: Angriff eines Jugendtreffs in Auligk
- am späten Abend vom Freitag, den 14. September 2007, haben sechs Jugendliche, die offensichtlich aus der Kameradschaftsszene Neukieritzsch-Lobstädt stammen, einen Jugendtreffpunkt in Auligk angegriffen und eine Schlägerei mit circa 28 Beteiligten provoziert
- das Motiv war eigenen Angaben zufolge “Langeweile”
- Anzeige wurde nicht erstattet
15. September 2007: Sachbeschädigung an einem Jugendtreff in Auligk
- am Abend vom Samstag, den 15. September 2007, fanden sich die Jugendlichen der Schlägerei vom Vortag abermals vor dem Jugendtreff in Auligk ein und randalierten
- dadurch kam es zu Schäden an dem Vorbau des Jugendtreffs
- Anzeige wurde nicht erstattet
16. November 2007: Angriff einer Geburtstagsfeier in Groitzsch
- am Freitag fand in Groitzsch eine Geburtstagsfeier statt, welche von Nazis durch Provokationen sowie Gewaltanwendung gestört wurde
- kommende oder gehende Gäste wurden eingekesselt und geschlagen
- im Verlauf des Abends wurden auch zwei junge Frauen Opfer von Schlägen
17. November 2007: Provokation einer Faschingsfeier in Pegau
- am Samstag, den 17. November 2007, marschierten Nazis in Pegau vor dem Volkshaus auf, wo gerade eine Faschingsfeier statt fand
- die circa 40 Rechten versuchten die Veranstaltung mit Gewaltandrohungen und Provokationen zu stören
02. und 03. Februar 2008: Zeitzeugenvortrag im Gedächtnisstätte e.V.
- am Samstag und Sonntag, den 02. und 03. Februar 2008 fand in dem Haus des Gedächtnisstätte e.V. ein Zeitzeugenvortrag statt
- es sprach der ehemalige Krankenpfleger von Rudolf Heß
03. Februar 2008: Nazipropaganda im Zug
- am Sonntag, den 03. Februar 2008 gelang es einigen Nazis, in den Sprechraum einer S-Bahn von Leipzig nach Borna einzudringen
- dort verlasen sie Redebeiträge zu den Themen nationaler Sozialismus, kapitalistische Ausbeutung, Scheitern der BRD und “Niedergang eines einst glücklichen Volkes” über die Lautsprecheransage
- in Borna angekommen, wurden einige Antifaschist*innen, die auch im Zug saßen, von den Nazis bis zur Schwimmhalle gejagt
- dabei erkannten sie eindeutig, dass es sich um Nazis aus der Region handelte (Borna, Neukieritzsch, Lobstädt etc.)
14. Februar 2008: Nazidemo in Borna
- am Donnerstag, den 14. Februar 2008 erschienen nur rund 50 Nazis zu einer vom Freien Netz angemeldeten Demo in Borna
- es waren auch Antifaschist*innen vor Ort, jedoch wurde ihnen das Entgegentreten durch die Polizei nicht gestattet
- stattdessen hielt man sie circa 3 Stunden an ihrem Treffpunkt fest und sicherte sämtliche Ausgänge, sodass ein Hinauskommen nicht möglich war
16. Februar 2008: Angriff auf PKW nach Demo
- am Samstag, den 16. Februar 2008, fand in Borna bei Leipzig eine Demo gegen den Verein Gedächtnisstätte e.V. statt
- nach der Demo fuhren fünf junge Männer wieder nach Hause in Richtung Geringswalde, doch auf dem Weg wurden sie von Nazis mit insgesamt vier Autos verfolgt
- sie stoppten das Auto und vier Vermummte demolierten es mit Baseballschlägern
- der Staatsschutz ermittelt
29. März 2008: Angriff auf vier Jugendliche auf dem Parkplatz des CULT
- zwei Unbekannte parkten ihr Auto in circa 500 Metern Entfernung zu einer Gruppe Jugendlicher, gingen auf diese zu und versuchten, einen Jungen unter dem Vorwand, mit ihm reden zu wollen, von der Gruppe wegzuzerren
- dieser reagierte nicht, wurde gegen eine Wand gedrückt und auf die Frage, ob er etwas gegen Nazis habe, wurde er von den beiden Unbekannten, die äußerlich nicht sofort als Rechtsextreme zu erkennen waren, herumgeschubst und geschlagen
- auf den Versuch, die Angreifer mit Worten zur Vernunft zu bringen, wurden auch zwei Mädchen geschubst und beschimpft
- dem einen Jungen wurde, nachdem er zu Boden geworfen wurde, ins Gesicht getreten, dem anderen wird mit der Faust ins Gesicht geschlagen, er trägt ein blaues Auge davon
- unter Drohungen verschwanden die Unbekannten wieder
- Anzeige wurde nicht erstattet
09. August 2008: Geburtstag von Hajo Hermann im Gedächtnisstätte e.V.
- am Samstag, den 09. August 2009 feierte man den Geburtstag von Hajo Hermann, der im 2. Weltkrieg in der Reichsverteidigung eine große Rolle spielte
- unter den rund 200 Gästen befanden sich auch Gisela Limmer und Peter Hild
- am Abend gab es ein Konzert mit dem für die rechte Szene bekannten Liedermacher Frank Rennicke
06. September 2008: Nazipropaganda auf Bornaer Markt
- am Samstag, den 06. September 2008, stand ein Mann mit einer Schafsmaske vor dem Gesicht verkleidet auf dem Bornaer Markt
- er trug ein Schild um den Hals mit der Aufschrift: „Ich dummes Schaf glaube noch an einen Sozialstaat in der BRD”
- außerdem wurden Flugblätter an die Büger*innen verteilt, auf welchen der Nationale Sozialismus gefordert wird
03. Oktober 2008: Angriff auf Jugendlichen nach Demo und Stadtfest-Auseinandersetzungen
- am Freitag, den 03. Oktober 2008, fand eine Demonstration des „Freien Netzes“ in Geithain statt – vorab wurde in Borna an mindestens acht Stellen die Parole “Revolution jetzt 3.10. Geithain” an Wände gesprüht
- nach der Demonstration besuchten einige Bornaer “Autonome Nationalisten“ das dortige Stadtfest – es kam zu Auseinandersetzungen
- sie bezeichneten einen langhaarigen Jugendlichen als „Zecke“ und gegen Abend wurde er von sieben aggressiven Nazis bedroht, bespuckt und sie versuchten, ihn vom Fahrrad zu schubsen
- nach dem Live-Auftritt der „Tornados“ auf dem Bornaer Markt, ergriff ein Zuschauer das Mikro und schrie: „Ihr scheiß Punks, ihr Drecks-Nigger, euch muss man alle verprügeln!”
09. Dezember 2013: Marktplatz Borna – Erfahrungsbericht eines 17-jährigen Asylsuchenden
“Nach der Schule hat mich meine Mutter angerufen und sagte, sie würde in etwa 30 Minuten mit einer anderen Familie nach Borna kommen, damit wir zusammen zu Rossmann einkaufen gehen können. Nach dem Telefonat bin ich Richtung Rossmann gelaufen, um auf meine Mutter zu warten. Als ich dort ankam, habe ich eine Frau beobachtete, wie sie ihr Auto abstellte und nach 5 Minuten wiederkam um etwas in das Auto zu legen. Ich stand in der Nähe des Autos, habe Musik gehört und mit meinem Handy gespielt. Die Frau hat mich vielleicht 5 Minuten beobachtet und kam anschließend zu mir und fragte: „Was machst du hier?“. Ich antwortete, dass ich auf meine Mutter warte. Sie lachte und sagte etwas, was ich nicht verstanden habe. Kurz darauf ist sie gegangen und kam nach ein paar Minuten wieder zurück zum Auto. Sie fing an Fotos von mir und dem Auto zu machen, sagte etwas mürrisches, was ich nicht verstehen konnte.”
13. Dezember 2013: Ausseinandersetzung auf der Bahnhofstraße in Borna
Zwei sehr lautstarke und aggressive Jugendliche beschimpfen eine Kleingruppe von Spätaussiedlern, die sich untereinander auf russisch verständigt haben, mit Parolen wie: „Geht zurück, wo ihr herkommt!“ und „Die ganzen Ausländer kotzen mich an, nur Urdeutsche haben das Recht hier zu leben“. Nachdem der eine Jugendliche ein „Eins-Einser“ vorgeschlagen hat, kam es zu einem kurzem Gerangel, bei dem beide Schläge ins Gesicht bekamen.
19. Dezember 2013: Kaufland Borna – Erfahrungsbericht von zwei Asylsuchenden
“An diesem Tag sind wir zum Einkaufen nach Borna gefahren, weil es in unserem Heim in Elbisbach, einem kleinen Dorf, keine Einkaufsmöglichkeiten gibt. Wir haben unsere Fahrräder gegen 15.30 Uhr vorm Kaufland abgestellt. Währenddessen wurden wir die ganze Zeit kritisch von einem sehr zornigen Mann beobachtet, der Bier getrunken und geraucht hat. An unserer Sprache und unserem Aussehen hat er sofort erkannt, dass wir Ausländer sind und er sagte viele Sachen auf deutscher Sprache, die wir nicht verstanden haben. Aber wir haben gemerkt, dass es keine netten Dingen waren. Anschließend sind wir ins Kaufland gegangen und waren etwa 17 Uhr mit allen Einkäufen fertig. Als wir zu unseren Fahrrädern gekommen sind, hatten wir beide einen platten Reifen. Wir haben uns die anderen Fahrräder angeschaut und mussten feststellen, dass unsere die einzigen sind, die einen Platten hatten.”
27. Dezember 2013: Vor der Sparkasse in Borna bespuckt
Zwei Asylsuchende wurden vor der Sparkasse in Borna von einem circa 30-jährigen Fahrradfahrer bespuckt.
Silvesternacht 2013 / 2014: Brand vor dem Asylbewerberheim in Borna
Die Notunterkunft für Asylsuchende am Königsplatz in Borna wird von circa 15 Personen mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Ein kleiner Brand bricht in den Büschen vor dem Heim aus, welcher anschließend gleich gelöscht werden konnte. Aus dem Polizeibericht geht hervor, dass die Personen verfassungswidrige Parolen wie „Heil Hitler“ und „Kanaken raus“ gerufen haben.
14. Januar 2014: Beleidigung an der Bushaltestelle bei Kaufland Borna
An der Bushaltestelle bei Kaufland in Borna wird eine pakistanische Familie mit drei Kindern von einem vorbeifahrenden Fahrradfahrer beleidigt und ihnen wird der Mittelfinger gezeigt.
18. Januar 2014: Beleidigungen am Asylbewerberheim in Borna
Nach der Kundgebung der ominösen Bürgerinitiative „Wir sind Borna“ auf dem Marktplatz in Borna fahren mehrere Autos und Fahrradfahrer an der Asylbewerberunterkunft am Königsplatz in Borna vorbei und rufen „Scheiß Kanaken“ und andere rassistische Parolen.
Berichte aus der DAZ Klasse an der Dinter-Oberschule in Borna
Wenn wir untereinander unsere Muttersprache sprechen, sagen die Deutschen immer, wir sind hier in Deutschland und müssen deutsch sprechen.
Sie rempeln uns auf dem Schulflur an, stellen uns die Beine, ziehen mir das Kopftuch vom Kopf und sagen, wir sollen keine arabische Musik hören, wir sind hier in Deutschland. Das passiert so gut wie jeden Tag.
Eine Gruppe von Jungs drohen uns Schläge nach der Schule an. Sie sagen, Ausländer sind scheiße und dürfen hier nicht leben.
Als ich einmal in der Pause ein Buch gelesen habe, kam ein Mädchen vorbei und schlug mir das Buch aus der Hand. Sie hat mich beschimpft und sagte, ich soll keine griechischen Bücher lesen.
Anmerkung der Redaktion
Die Chronik ist leider lückenhaft. Zahlreiche Ereignisse sind nicht mit aufgelistet.