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Empowerment-Training für Geflüchtete

Behördenwillkür, Angst vor Abschiebungen, Sachleistungen statt Bargeld, zehn Jahre in einem Mehrbettzimmer in einer abgelegenen Sammelunterkunft, Arbeitsverbote, Wohnsitzauflagen, Beschränkungen der Bewegungsfreiheit, die totale Abhängigkeit von Behördenentscheidungen bei jeglichen Alltagsbelangen – trotz einiger weniger Lockerungen in den vergangenen Jahren ist die Vielzahl an Restriktionen für Geflüchtete durch die deutsche Asylgesetzgebung im negativen Sinne weiterhin sehr beachtlich. Vereinsmitglieder stellen immer wieder fest, welche tiefe Spuren diese restriktive Gesetzgebung bei Betroffenen hinterlassen und welchen zerstörenden Einfluss sie auf ihre Persönlichkeiten haben können, insbesondere wenn sie über Jahre unter diesen Bedingungen leben müssen. Ein Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins sind nur eine Folge dieser Form des institutionellen Rassismus.

Etwa 20 Menschen sitzen auf gepolsterten weiß-grauen Stühlen recht eng in einem Stuhlkreis in einem Raum mit großen Fenstern an der hinteren Wand, die zum Teil geöffnet und zum Teil mit gelben Vorhängen und Rollos abgedunkelt sind. Ein Mann, der vor den Fenstern gesessen haben muss, steht und viele der Teilnehmer*innen blicken auf ihn. Der Mann im Vordergrund, der ein braunes Shirt trägt, sitzt nur auf der Stuhlkante und stützt sich seiner linken Hand auf sein linkes Knie. Seine Körperhaltung ist eher aktiv, während die anderen eher passiv da sitzen und zu zuhören scheinen. Ander rechten Wand im Hintergrund sind weißen Tische aufeinander gestalpet. Die Frau mit weißem Kopftuch vorn im Bild hat ein Baby auf ihrem Schoß. Die Teilnehmer*innen sind unterschiedlichen Alters, Geschlechts und Herkunft.
In einem Stuhlkreis sitzend blicken die Teilnehmer*innen auf die Frau in einer weißen Bluse, die in der Mitte dessen hockt und etwas auf ein großes Teilnehmer*innen scheinen unterschiedlichen Alters und Gechlechts, als auch Herkunft. Drei von ihnen tragen ein Kopftuch, eine hält ein Baby in den Armen. Der Raum ist schlicht eingerichtet und die beigen Wände sind eher kahl.

Der Empowerment-Ansatz knüpft genau an diesem Punkt an. Als ein Ansatz, der mit zahlreichen Methoden und effektiven Strategien dem Gefühl der Macht- und Einflusslosigkeit entgegenwirken möchte, konnte sich der Empowerment-Ansatz in der Vergangenheit im Bereich der Sozialen Arbeit bereits erfolgreich bewähren. Unter Empowerment wird im Wesentlichen das Bemächtigen von zum Teil handlungsunfähigen, hilfsbedürftigen Personen verstanden, für ihre Interessen (wieder) eigenmächtig sowie selbstverantwortlich einzutreten und diese einzufordern. Der Empowerment-Ansatz versteht sich demnach als ein Prozess der Selbst-Bemächtigung mit dem Ziel, selbstbestimmtes Handeln (wieder) zu erlernen.

Hilfe durch Selbsthilfe wurde also zum Motto des Projektes, welches 2012 und 2013 mit zwei verschiedenen Gruppen von je 15 Geflüchteten aus dem Landkreis Leipzig und in Kooperation mit zwei professionellen Empowerment-Trainer*innen durchgeführt wurde. Das Projekt war – ganz nach Empowerment-Ansatz – ergebnisoffen und von den Ideen der Teilnehmer*innen geprägt. Hierdurch gestalteten sich die beiden Projektrunden im Kern sehr unterschiedlich. Im ersten Förderjahr rückten die Teilnehmer*innen insbesondere ihre Lebenssituation sowie ihre alltäglichen Erfahrungen und Berührungen mit dem Asylgesetz in den Fokus. In diesem Zusammenhang entstand mitunter ein selbst geplantes und organisiertes Protestvideo gegen das bestehende Gutscheinsystem im Landkreis Leipzig, welches dann auf YouTube veröffentlicht und zur Aufklärung bei Vorträgen und sonstigen Veranstaltungen genutzt wurde. Des Weiteren gestalteten die Teilnehmer*innen mit eigenen Gedichten, Gesängen, Geschichten und Lieblingsliedern einen eigenen Radiobeitrag bei Radio Blau in Leipzig. Auch beteiligten sie sich aktiv an der Gründung vom Runden Tisch Migration im Landkreis Leipzig. Im darauffolgenden Jahr war das Empowerment-Training auf Wunsch der Teilnehmer*innen hingegen eher auf den Erwerb der deutschen Sprache ausgerichtet. Ein nennenswertes Ergebnis stellt die Selbstorganisation eines italienischen Abends mit zahlreichen Geflüchteten aus dem Umland dar.

Die Teilnahme am Empowerment-Training war für alle Teilnehmer*innen kostenfrei und durch einen Transportservice wurde die An- und Abreise aus den Heimen organisiert.

Im Rahmen des Empowerment-Training wurde eine Protest-Aktion gegen das bestehende Gutscheinsystem gestartet. In diesem Rahmen entstand der Videoclip: Asylbewerberprotest Landkreis Sachsen – Gegen das Gutscheinsystem.

Das Projekt wurde durch die Lokale Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Leipzig gefördert.