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Zwangsarbeit und Nationalsozialismus

Ein Weiterbildungsangebot für Akteur*innen der Gedenkstättenpädagogik

Das Prinzip Zwangsarbeit war ein elementarer Bestandteil nationalsozialistischer Gewalt in den Jahren 1933 bis 1945. Er war wesentlich für die Etablierung der Gewalt- und Machtstruktur und ebenso wesentlich für die Stabilisierung der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung.

Ohne den Einsatz von Millionen von Zwangsarbeiter*innen aus ganz Europa wäre das nationalsozialistische Deutschland nicht in der Lage gewesen, den Angriffskrieg zu führen und ihn bis 1945 durchzuhalten. Die Zwangsarbeit diente, in der Gewissheit, den letzten Krieg an der Heimatfront verloren zu haben, der Aufrechterhaltung des Lebensstandards der Deutschen und verhalf der mörderischen Ideologie zu einer Machtbasis, die sie bis kurz vor ihrem Ende aufrecht erhalten konnte.

Neun Menschen stehen auf einem kleinen Plateau, das aus kleinen Steiplatten besteht und schauen in ein kleines Tal, in dem Wege und Häuserreste zu sehen sind. Um sie herum sind viele Bäume, die alle kein Laub tragen. Ein Mann in einer orangen Jacke steht vor ihnen und scheint gerade etwas zu erzählen.
Die Teilnehmer*innen besuchen die Gedenkstätte des ehemaligen KZ Mittelbau-Dora.

Die Geschichte der Zwangsarbeit im nationalsozialistischen Deutschland ist auch untrennbar mit der Struktur der Konzentrationslager verbunden. Bereits in den ersten Lagern, die als organisierte Struktur aus den frühen, wilden, Konzentrationslagern hervorgingen, mussten Häftlinge im Dienst der SS Zwangsarbeit verrichten. So erkannte die SS recht früh, welch wirtschaftliches Potenzial hinter den Menschen stand, über die man hinter dem Stacheldraht herrschte. Darüber hinaus entwickelte man das Prinzip ab 1939 bewusst weiter, um den Mord an den europäischen Jüdinnen und Juden umzusetzen. Hinter der bekannten Formel im Protokoll der Wannseekonferenz „[i]n großen Arbeitskolonnen, […], werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt“ steht nichts weiter als der Plan, den Völkermord durch Zwangsarbeit umzusetzen, neben der vollständigen Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden noch wirtschaftliches Kapital zu schlagen.

Am 26. Februar sowie am 01. und 02. April 2017 führten wir einen mehrtägigen Workshop für Akteur*innen der Gedenkstättenarbeit durch. Die Veranstaltung versuchte, beide Aspekte dieser, von der SS in Konzentrationslagern organisierten, Zwangsarbeit zu beleuchten, sie in einen historischen Kontext zu setzen und ihre Motivation aufzudecken. Ein Workshop-Tag beinhaltete den Besuch der Gedenkstätte Mittelbau-Dora bei Nordhausen.

Schwerpunkte der mehrtägigen Veranstaltung waren unter anderem:

  • Kategorien nationalsozialistischer Zwangsarbeit
  • das ehemalige Konzentrationslager Mittelbau-Dora im Kontext nationalsozialistischer Zwangsarbeit
  • Zwangsarbeit und Vernichtung
  • Zwangsarbeit und Ausbeutung
  • Einzelbiografien von Zwangsarbeiter*innen und nationalsozialistischen Täter*innen im Kontext des KZ Mittelbau-Dora
  • das „Außenkommando Penig“ als regionales Beispiel nationalsozialistischer Zwangsarbeit
  • Kennenlernen didaktisch-methodischer Möglichkeiten am Beispiel des Geländes des ehemaligen „Außenkommandos Penig“
  • Demokratielernen an Gedenkstätten
  • NS-Gedenkstätten als Orte kritischer historischer-politischer Bildung

Referenten

Andreas Geike studierte in Deutschland und Polen Soziale Arbeit, Lerntherapie und Sonderpädagogik und absolvierte einen Master in Communication and Jewish Studies am jüdisch-amerikanischen Touro College. Neben der geschichtswissenschaftlichen Erforschung des Holocaust bilden die Themen Gedenkstättenpädagogik und Soziale Arbeit sowie Gedenk- und Gedächtnisgeschichte einen Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Seit über elf Jahren organisiert und begleitet er gedenkstättenpädagogische Projekte mit Jugendlichen und Erwachsenen.

Jan Sobe hat in Leipzig Germanistik, Geschichte sowie Erziehungswissenschaften studiert und ist heute als Lehrer für die Fächer Deutsch und Geschichte tätig. In seiner Freizeit ist er seit zehn Jahren an der Organisation und Durchführung von Gedenkstättenfahrten beteiligt. Im Rahmen der politischen Bildungsarbeit führt er Workshops durch und hält Referate zu verschiedenen historischen und subkulturellen Themenbereichen.